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Barrière & De Bury - Cembalosonaten

Barrière, De Bury: Sonates et suites pour le clavecin

Barrière & De Bury - Cembalosonaten

Geniale Musik, grandios gespielt

Label/Verlag: Brilliant classics

Eine herausragende Debüt-CD in vielfacher Hinsicht: Luca Quintavalle präsentiert zwei nahezu unbekannte, aber musikalisch fesselnde französische Cembalo-Bücher aus dem vierten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in brillantester Manier.

In seinem kundigen, wenn auch nur englischsprachig publizierten Booklet-Beitrag weist der Cembalist Luca Quintavalle nachdrücklich darauf hin, wie verschieden die Wege der französischen ‚Clavecinisten‘ eine knappe Generation nach Jean-Philippe Rameau ausfielen: Während Bertrand de Bury (1720–1785) sein Leben lang erfolgreich eine Hof-Karriere in Versailles verfolgte und mit seinem 'Premier livre de pièces de clavecin' um 1736 höchst eindrucksvoll die Ausdrucksformen Rameaus und noch des gerade frisch verstorbenen Großmeisters François Couperin auf hohem Niveau adaptierte und variierte, hatte es den etwas älteren Cello-Virtuosen Jean-Baptiste Barrière (1707–1747) um diese Zeit nach Italien geführt, wo er die prinzipiell viersätzige Grundform der Sonata (da chiesa) wählte für fünf diskographisch schon gut rezipierte Cello-Bücher und ein hier – erstmals ganz? – eingespieltes sechstes Buch für Cembalo solo. Selbst die sechs angehängten, typisch französischen ‚Charakter‘-Stücke mit personalisierten Titeln zeigen ein durchaus an Corelli und Vivaldi erinnerndes, motorisch-tänzerisches italienisches Flair und verlangen – man genieße exemplarisch den 'Casamajor' – höchste spieltechnische Virtuosität. Ein Blick in die bei IMSLP abrufbaren Drucke beider Cembalo-Bücher zeigt, dass es sich um exorbitant gut komponierte und schwierig zu spielende Musik handelt, die auch den namhaften französischen Cembalo-Meistern würdig zu Gesicht gestanden und dann wohl auch die gebührende Aufmerksamkeit gefunden hätte (es liegen derzeit offenbar keine Konkurrenz-Einspielungen vor). 

In der verlangten, gerade auch angesichts des Verzierungsreichtums vertrackten spieltechnischen Ausführung wie auch in der sensiblen Einfühlung in langsamere musikalische Idiome bleibt Quintavalle nichts schuldig – nein, er liefert gerade auch interpretatorisch eine Leistung ab, die – man darf die Wendung oben wiederholen – ebenso jedem namhaften, berühmten Kollegen gut zu Gesicht stehen würde. Für mich ist das die eindrucksvollste Cembalo-CD, die ich seit Jahren hören durfte. Dieses Repertoire verdient ebenso weitere Auflagen wie Quintavalles Spielkünste womöglich im bekannten Haupt- wie in weiterem so entdeckenswertem Nebenrepertoire. Empfehlenswerte Ohrwürmer zum Probehören sind zum Beispiel das Allegro aus der dritten Sonate von Barrière (CD 1, Track 10) und de Burys Rondeau-Folge 'Le Plaidoyer de Cithère' (CD 2, Track 8). Danach dürfte man einem Kauf trotz unbekannter Namen kaum noch widerstehen können.

Kurzkritik von Dr. Hartmut Hein